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Aktuelles aus Wirtschaft & Politik ??? Drei Fragen an...   Dr. Hubert Schmidt Mitglied des Beirats der Hubert Stüken GmbH & Co. KG in Rinteln und Präsident des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung e.V. (WSM) 16 Nachrichten 4-2021 „Eine solche Achterbahnfahrt habe ich noch nicht erlebt“ Sie sind seit dreieinhalb Jahren WSM Präsident. Wie hat sich die Stahl und Metall verarbeitende Branche in dieser Zeit entwickelt? Schmidt: Für die Stahl und Metall verarbeitende Industrie waren die vergangenen dreieinhalb Jahre gekennzeichnet durch außergewöhnliche Herausforderungen. Bereits in der zweiten Jah- reshälfte 2018 zeichnete sich eine beginnende Konjunkturkrise ab. Besonders die Zulieferer der Automobilbranche erfuhren spätestens im Folge- jahr deutliche Nachfragerückgänge. Mit dem weltweiten Lockdown im Zuge der Corona-Pan- demie brachen die Geschäfte massiv ein. Einige Teilbranchen – vor allem die, die Produkte für Haus und Garten herstellen – profitierten aller- dings während der Krise. Die Autozulieferer wie- derum sahen sich ab Mitte 2020 in einer extrem starken Nachfragesituation. Allerdings konnten die Stahlwerke in dieser Phase die sprunghaft gestiegene Nachfrage nicht bedienen. Die Stahl- preise stiegen in ungekannte Höhen. Die Flutka- tastrophe im Juli traf auch viele Mitgliedsunter- nehmen des WSM direkt und indirekt. Und nun bremst die weltweite Chipknappheit die gesamte Branche. Aber auch über die Halbleiter hinaus stehen viele Unternehmen unserer Branche vor Versorgungsengpässen, die wir seit Jahrzehnten nicht gekannt haben. Eine solche Achterbahn- fahrt habe ich in meinem gesamten Berufsleben noch nicht erlebt. Die europäische Stahlerzeugung soll „grün“ werden. Wo liegen die Chancen und Risiken für die Stahlverarbeiter? Schmidt: Die Stahlerzeugung zählt zu den Indus- trieprozessen, die einen besonders hohen Anteil am Ausstoß von CO2 verursachen. Daher ist es verständlich, dass mit Hochdruck daran gearbeitet wird, Pilotanlagen zur Herstellung von „grünem“ Stahl zu entwickeln und zu erproben. Ich bin überzeugt, dass der Weg zur flächende- ckenden Verfügbarkeit von Stahl, der durch Was- serstoff-basierte Direktreduktion hergestellt wird, noch lang ist. Diese Technologie erfordert hohe Investitionen in neue verfahrenstechnische Anla- gen und in die Produktion von Strom und Was-    


































































































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