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13 Nachrichten 1-2022 Aktuelles aus Wirtschaft & Politik Kostensteigerungen für Energie einfach so an die Kunden weitergeben zu können. Die Härte- reien haben sich mühsam durch die wirtschaft- liche Flaute der Corona-Pandemie 2020/2021 gekämpft; sie haben im vergangenen Jahr viel- fach bedingt durch den Mangel an Halbleitern in der europäischen Automobilproduktion große Umsatzeinbußen von durchschnittlich 16 Pro- zent verkraften müssen (nach einem Rückgang von 21 Prozent in 2020); die extrem hohen Ener- giekosten bringen das Fass nun endgültig zum Überlaufen. Bei Gewinnmargen von durch- schnittlich zwei bis drei Prozent kommt man so- fort in die Verlustzone. Wir befürchten zudem, dass die hohen Preise für Strom und insbesondere für Erdgas im lau- fenden Jahr nicht wieder spürbar sinken wer- den. Je nach sicherheitspolitischer Entwicklung des Ukraine-Konflikts und der damit eng ver- bundenen Frage der russischen Erdgasversor- gung für Deutschland könnten die Preise für Erdgas noch wesentlich stärker steigen. Und über die preissetzenden Gaskraftwerke, die im Zuge des Atom- und Kohleausstiegs Deutsch- lands die „Dunkel-Flauten“ der Erneuerbaren ausgleichen müssen, damit auch letztlich die Stromkosten. Was muss Ihrer Meinung nach geschehen, damit die Kosten für Energie wieder sinken? Hölscheid: Unsere Forderungen sind hier ganz klar: Wir müssen für den Standort Deutschland die globale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erhalten, um weiterhin Wohlstand und Arbeits- plätze zu schaffen. Unsere Gesellschaft und Teile der Politik dürfen sich nicht weiter von der Industrie abwenden und zusehen, wie produzie- rende Unternehmen – hier spreche ich nicht nur von Konzernen, sondern auch von mittelständi- schen Betrieben mit langer regionaler Traditi- on – ihre Werke in Deutschland schließen und in anderen Ländern der Welt neue Standorte er- öffnen oder das Geschäft gleich ganz ausländi- schen Mitbewerbern überlassen. Wir brauchen für die Zukunft eine starke Wirt- schaft in Deutschland, denn nur so werden wir langfristig auch die Kraft haben, als klimapoliti- sches Vorbild wichtige Impulse im Welthandel zu setzen. Ein wesentlicher Standortfaktor sind dabei die Energiekosten, die in Deutschland ein- fach viel zu hoch sind. Hier braucht die Industrie schnell Entlastung, um nicht global endgültig den Anschluss zu verlieren. Die Kosten der not- wendigen Energiewende müssen daher aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. So ver- teilt sich die Last auf viele Einnahmequellen des Bundes. Es ist ein erstes, positives Signal, dass die neue Bundesregierung die EEG-Umlage nun spätestens 2023 aus dem Bundeshaushalt finanzieren will – noch früher wäre jedoch drin- gend geboten. Energieintensive Branchen des produzierenden Gewerbes müssen schnellstmöglich von den rein nationalen CO2-Kosten des BEHG (Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen, d. Red.) entlastet wer- den. Die Bundesregierung muss sich auf euro- päischer Ebene endlich konsequent für einen EU-weit einheitlichen Preis für Strom und eine krisensichere, bezahlbare Versorgung mit Erd- gas einsetzen. Wenn wir nicht einmal mehr in der Lage sind, einen wirtschaftlich vernünftigen Preis für das Erdgas zu bezahlen: Wie wollen wir dann in Zu- kunft den wichtigen Schritt hin zum teuren Was- serstoff finanzieren?   Dirk Hölscheid Wir bedanken uns für das Gespräch. K     


































































































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