Page 10 - WSM_4-2021_Neu
P. 10
10 Nachrichten 4-2021 Aktuelles aus Wirtschaft & Politik dem Basisjahr 2020. „Allerdings erwarten wir, dass diese Kosten um 66 bis 80 Euro pro Ton- ne unterhalb der Kosten konventionell herge- stellten Stahls liegen werden. Denn dieser wird bis 2030 durch die zu erwartende CO2-Preis- steigerung stark belastet“, erläuterte Studien- autor Akio Ito. Auf Verarbeiter und Konsumenten kommen höhere Kosten zu Dabei seien Inflationsentwicklung und Wech- selkursveränderungen noch nicht berücksich- tigt. So oder so kommen auf Verarbeiter und Konsumenten höhere Kosten zu. Diese fallen laut der Studie von Roland Berger aber nicht übermäßig hoch aus: Um die durch klimaneut- ral produzierten Stahl entstehenden Mehrkos- ten in der Herstellung eines Mittelkasse-Pkw zu decken, würde demnach schon eine Preis- erhöhung um 0,5 Prozent ausreichen. Unter- stellt wird ein Preis von 30.000 Euro und ein Stahlanteil im Fahrzeug von rund 800 Kilo- gramm. Wie bei der Weißen Ware gehen auch in der Automobilindustrie die Premiumhersteller vor- an. So hat Mercedes-Benz sich von seinen Lie- feranten eine Absichtserklärung unterschrei- ben lassen, wonach diese den Autobauer künftig nur noch mit CO2-neutralen Produkten beliefern sollen. Laut Mercedes-Benz befinden sich darunter auch „wichtige Stahllieferanten“. Bei Stahl kann das Unternehmen einen großen Hebel ansetzen – eine Limousine von Merce- des-Benz besteht zur Hälfte aus diesem Werk- stoff. Damit macht Stahl etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in der Herstellung aus. Die Stuttgarter haben ihr Engagement zudem mit einer Beteiligung an H2GS unterstrichen. Auf die Großeinkäufer kommt es an „Die entscheidende Frage wird sein, ob die Stahlabnehmer bereit sein werden, die Mehr- kosten grünen Stahls zu bezahlen“, betont Heinz-Jürgen Büchner, Direktor und Head of In- dustrials & Automotive bei IKB Deutsche Indus- triebank. Dies gelte vor allem für die großen Stahleinkäufer in Automobilindustrie, Bauwirt- schaft oder Windenergie. Dagegen könnten mit- telständische Verarbeiter nicht groß auswei- chen. Büchner weiß von einem großen Automobilzulieferer, der rostfreien Stahl in China kaufe, weil dieser dort deutlich günstiger sei. „In China gibt es weniger Umweltauflagen, und die Energiekosten sind tendenziell niedriger. Vor al- lem aber setzen die chinesischen Produzenten Nickel Pig Iron ein – das wäre in Europa aus Umweltschutzgründen gar nicht möglich.“ Der Grenzausgleichsmechanismus – ein zahnloser Tiger? Um „schmutzigen“ Stahl aus China, Russland oder der Ukraine nicht nach Europa zu lassen, müsse man Markteintrittsbarrieren schaffen. Den von der EU zu diesem Zweck geplanten Grenzausgleichsmechanismus sieht der IKB- Experte jedoch skeptisch: „Das muss WTO-kon- form sein. Was nützt dieses Instrument, wenn China vor der WTO dagegen klagen kann, weil chinesischen Stahlherstellern Umsätze in Milli- ardenhöhe entgehen? China könnte als Gegen- maßnahme auch Einfuhrzöllen auf Maschinen, Autos oder Elektroprodukte erheben. Das wäre kontraproduktiv für die deutsche Industrie.“ K Dr. Mark Krieger Redakteur MBI Infosource GmbH & Co. KG Rudolfstraße 22-24 60327 Frankfurt/Main Telefon: 069-2710760-20 metalle@mbi-infosource.de www.mbi-infosource.de www.mbi-metalsource.de www.mbi-energysource.de Ansprechpartner