Page 18 - WSM 3-2022 NEU
P. 18

Aktuelles aus Wirtschaft & Politik ??? Drei Fragen an...   Markus Ferber Abgeordneter des Europäischen Parlaments (MdEP) und Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben  Markus Ferber  18 Nachrichten 3-2022 1. Ursprünglich war die Taxonomie als Transparenzinstrument für die Finanzmärkte gedacht. Mit den geplanten Ausweitungen auf weitere Ziele und auf kleine Betriebe wird Nachhaltigkeit in der EU faktisch zur Unternehmerpflicht. Warum spricht man das in Brüssel nicht offen aus? Markus Ferber: Diesen Trend beobachte ich auch zunehmend. Was einst als Marktstandard und Transparenzinstrument gedacht war, um In- formationsasymmetrien zu überbrücken, hat sich mehr und mehr zum Instrument für das Mi- kromanagement ganzer Wirtschaftssektoren entwickelt. Solche planwirtschaftlichen Tenden- zen finde ich hochproblematisch und spreche das auch offen an. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele Kollegen – insbesondere bei Sozialdemokraten, Grünen und Linken – einem Instrument, mit dem man moralische Werturteile mit Zugang zu Finanzierung verknüpfen kann, durchaus etwas abgewinnen können. 2. Was halten Sie von der debattierten Erwei- terung der Taxonomie um eine soziale Kom- ponente, mit der die Einhaltung von Arbeit- nehmerrechten zur Vorbedingung für Fremd- finanzierung und staatliche Förderung wird? Reichen unsere Sozialstandards nicht aus? Markus Ferber: Von einer Sozialtaxonomie hal- te ich überhaupt nichts. Wir haben in Europa die höchsten Sozialstandards der Welt, da braucht es kein zusätzliches Klassifizierungssystem. Das sorgt am Ende nur für zusätzlichen büro- kratischen Aufwand und macht die Welt keinen Deut besser. Die Diskussion, die wir gerade erst mit der Umwelttaxonomie hatten, sollte uns ei- gentlich eine Lehre sein, dass man es bei die- sem Thema auch übertreiben kann. Obwohl es im Umweltbereich sogar noch objektive wissen- schaftliche Kriterien gibt, konnten wir uns dort schon kaum darauf verständigen, was ein nachhaltiges Investment ist. Man will sich kaum vorstellen, was passiert, wenn jeder seine sub- jektiven Vorstellungen von sozialer Gerechtig- keit hervorkramt. Ich glaube, die Europäische    Foto: www.markus-ferber.de 


































































































   16   17   18   19   20